De* spanische Erbfolgekrkeg. 25z
Die Schlachten bei Ramillies und
^Urin. 1706. — Frankreich hatte beschlossen,
in dem folgenden Feldzuge scine Hauptkraft gegen
die Niederlande zu kehren, um, Wb möglich, in
dem reichen Holland die Mittel zum ferneren
Kriege zu gewinnen. Es wurde auch das schönste
Heer in's Feld gestellt, welches lisch in diesem
Kriege erschienen war; aber sein Führer, der Mar.
schall Villeroi, war dem kühnen Marlkorough
nicht gleicht Von eitler Zuversicht getrieben, ver-
ließ er seine feste Stellung bei Löwetr, um den
Gegner den 22. May in der Ebene von Ra mil-
lies anzugreifen. *) Das wünschte Marlborouqh;
er hatce seine Stellung durch Morast und Wasser-
gräben trefflich gedeckt, und als die Feinde nun
ansturmten, konnten sie den schwachen Stellen sei-
ner Schlachtordnung nicht, ankommen- weil die
Natur sie schützte, er dagegen wendete seine ganze
Kraft gegen ernzelne Punkte der ihrigen und durch-
brach sie. Vor oer Schlacht hatte ein erfahrner
französischer Oberst gesagt, ihr Heer sey so treff-
lich, daß, wenn sie heute nicht, siegten, sie nie
wieder vor dem Angesichte der Feinde erscheinen
durften. Und dennoch wurden sie geschlagen; keine
Tapferkeit konnte die begangenen Fehler gut ma-
chen. Ueber 20,000 Mani» wurden verloren, dazu
das Geschütz von 80 Kanonen, 80 Fahnen, selbst
die Pauken und Standarten der königlichen Garde;
und 2 Monate vergingen, ehe sich das französische
Heer wieder recht sammeln konnte. Der Sieger
dagegen durchzog Brabant und Flandern, nahm
alle Städte des Landes ein, und ließ dasselbe
Karl Ul, als seinem rechtmäßigen Herren, schwo-
ren. Zu Brüssel wurde in seinem Namen ein
Staatsrath errichtet.
*) Es ist dieses fast das Feld der großen Schlacht
bei Belle Alllance und Waterloo, und die»
scr lehre Raine w,rd auch der jener Schlacht vor
hundert Jahren genannt.
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Extrahierte Personennamen: Karl_Ul Karl
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Niederlande Holland Flandern
Einleitung.
f . .
Das alte Deutschland und seine
Bewohner.
i. Die Natur des Landes und der
Menschen.
1!nser Vaterland war in alten Zeiten größtentheils
ein rauhes und und unwirthbares Land, voll unge-
heurer Waldungen, Sümpfe und ober Strecken.
Der große Hercynische Wald zog sich von den
Aipeti nordwärts 60 Tagereisen weit hindurch; und
von ihm sind noch der Rheinwald, Schwarzwald,
Odenwald, Westerwald, Spessart- Böhmerwald,
Thüringerwald, das Fichtel * und Erzgebirge, der
Harz und viele andere die Ueberbleibsel. Der Boden
wer wenig bearbeitet. An Getraide konnte man nur
Gerste und Hafer bauen; die Weiden aber waren
grasreich und schön, und das Rindvieh so wie die
Pferde, wenn gleich klein und unansehnlich, doch von
Kohlr. T. G rr Thl. «te Aufl. ( , )
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau]]
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Extrahierte Personennamen: Fichtel
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Rheinwald Schwarzwald Odenwald Westerwald Böhmerwald Thüringerwald
3
Einleitung.
ungemischtes Stammvolk. Es war nur sich selbst
gleich; und wie die gleichartigen Gewächse des Feldes,
die aus einfachem, reinem Saamen, nicht in der
üppigen Pflege des Gartens, sondern in dem gesun-
den, freien Boden draußen emporwachsen, durch
Ausartung nicht von einander abweichen, so war
auch unter den Tausenden des einfachen teutschen
Stammes nur Eine, feste, gleiche Gestalt. Ihre
Brust war breit und stark, ihre Haare meistentheils
gelb und lang herabhangend, ihre Augen blau, ihr
Blick durchdringend und kühn. — Zur Kriegsarbeit
waren sie unermüdet, für sitzende Gewerbe aber un-
lustig. Sie litten geduldiger Hunger, als Durst;
geduldiger Kalte, als große Hitze.
Städte liebten und bauten sie nicht, sie verglichen
sie den Gefängnissen; nicht einmahl zusammenhän-
gende Dörfer legten sie gern an; so groß war ihre
Lust und Liebe zu uneingeschränkter Freiheit. Die
Hütte lag meistentheils in der Mitte der Feldmark,
die zu ihr gehörte und mit einem Gehege umschlos-
sen war; und eine Anzahl solcher Höfe zusammen
bildete eine Gemeine, mehrere Gemeinen und Ort-
schaften einen Gau. Sehr oft wählten sie ihre Sitze
nicht sowohl nach der Bequemlichkeit und dem
Nutzen, als nach ihrer Liebe zur freien und schönen
Natur. Wo ein Hain, wo eine Quelle sie lockte,
sagt ein römischer Geschichtschreiber, da bauten sie
sich an; auf der Höhe des Berges, am steilen Ab-
hange des Felsens, neben dem rauschenden Berg-
strome im Dunkel des waldigten Thales, wo die Ein-
drücke des Großen und Erhabenen ihr Gemüth erfüll-
ten, schlugen sie am liebsten ihre Wohnung auf. Und
auch deshalb wogten sie ihr Vaterland so sehr lje
den, weil es eine so große Mannigfaltigkeit, an
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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s» Einleitung.
meistentheis einzeln angebaut, wie ein Platz ihnen
gut schien, und wie noch in einem großen Theile von
Westphalen und in den Haidegegenden zu sehen ist.
Jeder Hof hatte seine Feldmark um sich herum, und
das Ganze war mit Hecke oder Erdwall eingehegt.
Jeder Hausvater war Herr in seinem Gehöfte, und
durch freiwilligen Bund mit einer Anzahl anderer
Hofherrenzu einem Gau verbunden. Noch 800
Jahre nach Christi Geburt gehorchten die Sachsen
keinem Könige, sondern selbstgewählten Vorstehern
ihrer Gaue, aus welchen, zur Zeit des Krieges,
oder für gemeinschaftliche Unternehmungen, ein all-
gemeiner Herzog oder Heermann, oft durchs Loos,
gewählt wurde.
Solche Einrichtung mag für die Kraft des gan-
zen Volkes, gegen Fremde, nicht die günstigste seyn;
aber dem einzelnen Manne giebt es einen starken
und selbstständigen Sinn, wenn er in seinem Hause
und Hofe der alleinige Herr ist, und Frau und Kind
durch seine eigene Kraft beschützen muß. In Dör-
fern oder gar Städten, wo er dicht unter Vielen
wohnt, verläßt er sich auf den Schutz der andern,
und wird darüber gar leicht feige und träg. Auch
ist der einzelne Wohner, in feiner oft trotzigen
Einsamkeit, dennoch menschlich und gastlich ge-
sinnt; der Nachbar Und '.Freund, ja sogar twr
Fremde, findet an seinem Heerde eine immer bereite
Statte. Denn er fühlt es inniger, wie der freund-
liche Anblick des Menschen dem Gemüthe wohl thut,
und wie groß die Erquickung durch die Anmuth ge-
selliger Rede ist; dahingegen der Städter, der auf
jedem Schritte einer Menge begegnet, sich gewöhnt,
an dem menschlichen Antlitze kalt vorüberzugehen.
Wenn der Sachse, mit dem Iagdspeer in der Hand,
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5u
Einleitung.
durch Schnee und Sturm über die Haide geschritten
war, so lachte ihm, gleich einem glücklichen Eylande
auf wüstem Meere, die Hütte des Gastfreundes ent-
gegen.
Die Hauptvölker sächsischen Stammes waren:
die Cherusker, am Harz und an der obern We-
ser; die Fosen, im Kalenbergischen und Hildeshei-
mischen; die Dulgibiner, im Herzogthum West,
phalen; die Usipeter, in der Wetterau; die Tench-
lerer, ihre Nachbaren; die Sigambrer, zwischen
der Sieg, der Lippe und dem Rheine; die Brukte-
r er, an der Ems, Lippe und Ruhr, (deren Wohn-
sitze später von den Chamavern und Angriva-
riern eingenommen wurden); die Marsen und
Amsibarier (Emsfahrer?) im Münsterschen, (letz-
tere im I. 58 nach Ch. G. ausgerottet); die Frie-
sen, an der Nordsee, bis zur Ems und Elbe, die
Weser umschließend, ein großes, gerechtes, und ge-
achtetes Volck. Von denjenigen unter ihnen, die
dicht am Meeresufer wohnten, erzählt ein Römer:
„der Ocean schwellt täglich zweimahl bei ihnen so
hoch an, daß man unschlüssig wird, ob man diese
Gegend Land oder Meer nennen soll. Sie haben sich
Hügel, so hoch, als das Wasser steigt, aufgeworfen,
und auf diesen ihre Hütten gebauet. Da wohnen sie,
bei der Fluth Seefahrenden ähnlich, bei der Ebbe
Schiffbrüchigen. Die vom Meer hergetriebenen Fische
fangen sie mit Netzen von Schilf und Seerohr. Sie
haben weder Milch noch Vieh, weder Wildprett noch
Gesträuche. Die Erde trocknen sie mehr an der Luft,
als an der Sonne, um daran ihre Speisen zu kochen.
Sie haben kein anderes Getränk, als Regenwasser,
das sie vor ihren Hütten in Gruben auffangen. " Und
\
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2
Einleitung.
sehr guter, dauerhafter Art. Edle Obstbaume konn-
ten nicht wohl gedeihen, es wuchsen nur etnige Ar-
ten wilder Beeren; und die Römer fanden das
ganze Land so unfreundlich, daß sie cs für unmög-
lich hielten, jemand könne Italien verlassen, um in
Teutschland zu wohnen.
Unsere Vorfahren aber liebten dieses Land über
Alles/ weil sie als freie Männer darin geboren wa-
ren, und weil des Landes Beschaffenheit ihre Frei-
heit schützen half. Die Wälder und Sümpfe schreck-
ten den Feind; die rauhe Luft, so wie die Jagd der
rvilden Thiere, stärkten die Körper der Männer, und
hei einfacher, natürlicher Kost wuchsen sie zu so ho-
hen Gestalten und solcher Kraft empor, daß die an-
dern Völker sie staunend bewunderten. So hart hat-
ten sie sich von Jugend auf gewöhnt, daß sie selbst
im Winter nur wenig Kleidung trugen, und sich im
Freien, im kalten Flusse, badeten. Felle wilder
Thiere, die Siegeszeichen ihrer Jagden, hingen von
Den Schultern herab, doch so, daß ein großer Theil
des Lerbes unbedeckt war. Die Kinder aber liefen
fast ganz nackend umher, und die verweichlichten
-Völker, welche ihre Kinder nur mit Muhe durch die
früheren Jahre hindurch brachten, wunderten sich,
ivie die Knaben der Teutfchen ohne ängstliche Pflege
rind Wartung in solcher Fülle der Gesundheit her-
anblüheten.
Die Römer nannten dieses Volk, nach feiner
Kriegerischen und tapferen Sinnesart, Germane.n,*)
und hielten es, mit Recht, für ein uraltes, reines,
*) Von dem Worte Geer, welches Spieß bedeutet, und
aus welchem auch das Wort Heer, und das französt-
! sche guene, Krieg, entstanden ist.
Mo'c U ''io « N)Ni.>>- - J'“ ' "
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96 Aelt. G. H. Zlr. Klodwig bis Karl d. Gr. 486—766.
bis ans den heutigen Tag von dem Volke der Lan-
gobarden die Lombardei genannt wird, und machte
sie zur Hauptstadt dieser Gegenden. Auch in Unter-
italien eroberte dieses Volk schöne Länder; Rom aber
und die Stadt Ravenna mir ihrem Gebiete blieben
' in den Händen der Griechen, welche sich durch Ge-
schenke auch die Franken gewannen, um durch sie zu
verhindern, daß die Langobarden nicht ganz Italien
einnahmen, und es zu einem starken und mächtigen
Reiche vereinigten. Und diese Absicht ist ihnen auch
zum Unglück des Landes vollkommen gelnngen. Ita-
lien ist von jener Zeit an unvereinigt geblieben bis
auf diesen Tag, und hat das schwere Geschick eines
zertheilten und in sich zerrissenen Volkes getragen.
Die Fremden haben sich von jeher um seinen Besitz
gestritten, und der Boden des unglücklichen Landes
ist mit Strömen von einheimischem und fremdem
Blute getränkt worden.
Die Longodarden übrigens bauten das neuer-
worbene Land so schön, daß die traurigen Spuren
alter Verheerungen immer seltener wurden. Auch der
König nährte sich vom Ertrage seiner Güter,
zog auf den Meiereien umher, und lebte in der Ein-
falt eines Hausvaters, mit der Würde eines Heer-
führers. Die freien Männer, wie bei den alten Rö-
mern, arbeiteten selbst zur llrbarmachung der veröde-
ten Aecker und unterschieden sich dadurch sehr von
andern teutschen Stämmen. Zumahl blühte der Feld-
bau um die Klöster. Ihre Geschichtsbücher, sagt ein
Schriftsteller, enthalten die nicht so glänzende, als
befriedigende Geschichte, wie man die Natur über-
wand, oder ihr half, und wie Fluren und lachende
Triften die Trümmer des alten Italiens deckten.
2z. Veränderungen in den Sitten und
Einrichtungen dev Teutschen.
Die meisten teutschen Völker waren in den Zei-
ten der Völkerwanderung in neue, von ihren alten
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9*3 Aelt. G. Ii. Ztr. Klodwig bis Karl d. Gr. 466—768.
wie ihr Clima, so wurden ihre Wälder doch so lang-
sam ausgerottet, daß die Veränderung ohne schäd-
liche, zu schnelle Ucbergänge geschah. Und noch dür-
fen wir uns rühmen, fester und ausdauernder an
Leib und Seele zu seyn, als die südlichen Völker.
Die größte Veränderung bei den ausgewander-
ten, leutschenstämmen ging aber mit der Sprache
vor. Denn da in den eroberten Ländern hauptsäch-
lich die römische oder lateinische Sprache geredet
wurde, -und diese damals um vieles ausgebildeter
war, als die teutsche, so konnte sie nicht durch diese
verdrängt werden, sondern es entstand eine Mischung
von beiden, wodurch beide verwandelt wurden; und
oft fand sich noch die eigentliche Landessprache, als
ein drittes Bestandlhcil. dazu. Daher redet man in
Frankreich, Spanien, Portugal, Italien und England
romanische, das ist, aus dem Römischen gemischte,
Sprachen, die zum Theil wohl besser in's Öhr fallen
mögen, als die unsrige, welche aus den alten Wäl-
dern noch manche Rauhigkeit an sich trägt, die aber
auch nicht so kräftig, nicht so treu und herzlich, nicht
so reich an gemüthlichen Wörtern, und dabei schon
lange alt geworden sind. Die unsrige ist noch immer
jung und lebendig, und nimmt noch alle Tage an
Schönheit und Reichthum zu. Sie ist eine Ursprache,
deren Wurzel bis in den uralten Boden unserer
Volkseigenthümlichkeit zurückreichen, und ihre Nah-
rung aus dem reichen Quell des Lebens ziehen, mit
welchem die Natur unser Volk ausgestattet hat. Wir
können unsere Sprache ein unmittelbares Geschenk
Gottes nennen, wie eine jede Naturgabe; die, durch
Zusammensetzung aus mehreren anderen gebildeten
Sprachen aber sind Menschenwerk, wie das künstliche
Gewebe, welches Menschenhände aus den Gewächsen
des Feldes bereiten. Zwar kann dieses recht schön
und kunstreich gearbeitet seyn, aber es ist nun für
alle Zeiten fertig, und hat keine innere Kraft des
Lebens und des Wachsens mehr in sich. Unsere
Sprache ist noch das lebendige Gewächs in dem
fruchtbaren Boden, Md unsere Arbeit an ihr ist nur
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Extrahierte Personennamen: Karl_d Karl
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Spanien Portugal Italien England
Ein l ei tu n g. 45
n v " ' vvvuvvvw vvivvvvv\ v x i\vuvmnmvn\v\uvmuvuvuvvnuv
uns doch Einiges, und zwar recht Großes und Wichtiges, durch
sie überliefert ist, — so sind es doch immer nur die Zeugnisse
Fremder, der Deutschen Natur an Bildung und Wesen fern stehen-
der Südländer, unserer Sprache unkundig und, bis auf Einen,
gleichgültig oder gar feindselig gegen uns gesinnt. Kein einziges
Wort ans deutschem Munde, das römische Urtheil berichtigend,
oder die Fäden der Begebenheiten auseinanderlegend, welche die
Römer nicht sehen noch verstehen konnten, redet zu uns ans jener
Zeit. Wie viel reicher und sicher noch ehrenvoller würde das Ge-
mälde derselben sich vor uns ansbreiten, wenn wir auch deutsche
Quellen besäßen! Aber erst viele Jahrhunderte später, nachdem un-
erhörte Umwälzungen vorgegangen waren, welche fast kein Bestand-
theil der alten Zeit auf seinem Flecke gelassen hatten, fangen ein-
zelne, sparsame Quellen der Geschichte an ans deutschen Zeugnissen
zu fließen, von Schriftstellern, welche mit ihrem Volke auf frem-
den Boden verschlagen, die Schicksale desselben Zn erzählen ver-
suchen. Ihre Namen werden im Anfänge des zweiten Zeitraumes
genannt werden.
Nach allem Obigen müssen wir uns daher begnügen, ans den
römischen und griechischen Schriftstellern, und durch Schlüsse ans
späteren Zeugnissen auf frühere Zeiten, ein möglichst getreues Bild
unserer Vorzeit anfznstellen, uns dabei bescheidend, daß sehr Vieles
dunkel, abgerissen, in Widersprüche gehüllt, erscheinen muß, und
daß die Meinungen über manches Einzelne wohl immer getheilt
bleiben werden. Die Zeit, für welche die folgende Schilderung
gehört, ist die Zeit um Christi Geburt und die nächsten Jahrhun-
derte darnach.
2. Die Beschaffenheit des Landes.
Unser Vaterland war in den Zeiten, da die Römer dasselbe zu-
erst kennen lernten, nach ihrer Beschreibung ein rauhes und un-
wirthbares Land, voll ungeheurer Waldungen, Sümpfe und öder
Strecken. Der große her zynische Wald dehnte sich, nach Cä-
sars Angabe, von den Alpen in einer Länge von 60 und einer
Breite von 9 Tagereisen weit durch dasselbe hin, und danach müß-
ten alle Haupt-Gebirge und Wälder des jetzigen Deutschlands die
Ueberbleibfel dieses ungeheuren Waldgebirges seyn. Allein Cäsar
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
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Extrahierte Ortsnamen: Widersprüche Christi Deutschlands
16 I. Ztr. Von 113 vor Chr. Geb. bis 76s nach Cbr. Geb.
selbst kannten damals noch keine Schretbelunst uno yattest
uns. also gar kerne Nachricht von sich zurücklassen können.
Zwar, woher diese unsere Vorfahren eigentlich stamm-
ten, da sie doch ohne Zweifel zu irgend einer Zeit Ln das,
vorher wüste, Vctttb eingewandert waren, — das können uns
auch die Römer nicht sagen. Doch ist es wohl als ausge-
macht anzunehmen, daß sie viele hundert Jahre vor Chr.
Gebr. aus Asien, wo der erste Wohnsitz des Menschenge-
schlechts war, um das schwarze Me§r herum, durch Ungarn
und Polen eingewandert seyn, und sich dann immer weiter
in den ungeheuren Urwäldern ausgebreitet haben mögen.
Denn damit war unser ganzes Vaterland damahls ohne
Zweifel noch bedeckt. Die Römer selbst schildern Deutschland
noch, als sie es kennen lernten, wie ein rauhes, unwirth-
bares, mit Wald und Sumpf bedecktes Land und können
nicht begreifen, wie jemand dieses Land zu seinem Wohn-
platze wählen könne. Durch ganz Deutschland erstreckte sich,
wie sie erzählen, ein großes Waldgebirge, der Herzinische
Wald genannt, von 60 Tagereisen in der Lange, und mehr
zum Wohnplatz wilder Thiere als der Menschen gemacht.
Von Fruchten, die dem Menschen leibliche Nahrung bieten,
war nichts zu finden; die ersten Einwohner mußten sich, aus-
ser einigen wilden Beeren und Wurzeln, und den Fruchten
der uralten Eichen und Buchen, mit dem Fleische des Wild-
pretts, welches sie jagten, begnügen, bis sie Feld zum Ge-
traidcbau urbar gemacht und sich Heerden zahmes Viehes
gezogen hatten.
Unsere Vorfahren haben indeß wohl gewußt, warum sie
gerade dieses Land zu ihrem Wohnplatz nahmen. Unser Va-
terland ist ein treffliches und gesegnetes Land, in welchem
Berg und Thal, Fluffc und Seen, Wald und Wiese und
fruchtbares Feld, auf das Mannigfaltigste mit einander ab-
wechseln. Eine gesunde und reine Luft stärkt die Körper
der Menschen, und hält ein schönes Mittel zwischen der
ausdörrenden Sonnenhitze der mittäglichen Lander, welche
den Leib erschlafft und giftiges Ungeziefer aller Art aus-
brütet, und zwischen der herben Kalte, die bald über uns
nach Mitternacht zu anfangt. Diese hält den Schooß der
Erde acht und mehrere Monate im Jahre verschlossen, so,
daß er nur sparsam die Früchte der Notodurft hervorbringt
und daß die Bäume nur wie ein Gebüsch über den Erdbo-
' den dahinkriechen. Unser Boden dagegen giebt gute Frucht,
aber nicht so leicht und überflüssig, daß der Mensch, wie
in manchen andern Landern, in Trägheit und Sorglosigkeit
versinken durfte; sondern er will mit treuer Pflege gewar-
tet seyn, und Sonnenschein wie Regen muffen im rechten
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien]]
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Extrahierte Ortsnamen: Asien Ungarn Polen Deutschland Deutschland